Ockfen.
Siggi Becker wohnt in Ockfen. Seit einem Jahr schon, und er ist
glücklich darüber. In seinem kleinen, knapp 27
Quadratmeter großen "Reich" hat er es sich richtig
gemütlich gemacht: Er hat ein großes Bett, ein bequemes
Sofa, einen Fernseher und was er sonst zu seinem bescheidenen
Leben braucht. Familienfotos hängen an den
Wänden seines Appartements und erinnern ihn an früher,
als seine Zukunft noch ungewiss war. Denn Becker ist geistig
behindert, was man ihm zunächst nicht anmerkt. Es sind vor
allem die alltäglichen Dinge, etwa bestimmte
Haushaltsarbeiten, die ihn vor unlösbare Probleme stellen.
Ohne fremde Hilfe alleine zu leben ist für Becker und die
anderen Bewohner der Abtei St. Martin unmöglich. Rückblick:
Das zuletzt als Hotel-Restaurant geführte Haus im Ortskern
von Ockfen hatte bereits mehrere Jahre leer gestanden, als die
Lebenshilfe Trier-Saarburg das unter Denkmalschutz stehende
Gebäude 2008 erwarb. Nur wenig später
begannen die Umbauarbeiten, in deren Verlauf ein Teil des
Komplexes abgerissen wurde. Auf drei Etagen sind insgesamt 20
Appartements entstanden, die zwischen 27 und 46 Quadratmeter groß
sind. Waschräume wurden gebaut. Im Keller, wo
sich der Gastronomiebereich befand, wurden zwei Gruppenräume
mit einer Kochnische eingerichtet. "Zudem mussten wir die
geforderten Brandschutzmaßnahmen umsetzen und etwa im Flur
neue Türen einbauen", berichtet
Lebenshilfe-Geschäftsführer Alfred Gerardy. "Auch
in diesem Jahr haben wir noch renoviert." Inzwischen
sind auch die Außenanlagen fertig, darunter der ummauerte
Hof auf der Rückseite des Hauses. Geplant sei nun noch eine
zentral gelegene Küche. Insgesamt beläuft sich die
Wohnfläche der Abtei auf 633 Quadratmeter. Einschließlich
Kaufpreis hat die Lebenshilfe rund eine Million Euro in die
Wohnanlage investiert. Bereits Ende 2009 sind die
ersten Bewohner in die Abtei eingezogen, darunter auch Siggi
Becker, der - wie seine derzeit zwei Mitbewohner - ein eigenes
Appartement besitzt. "Platz ist für 20 bis 25 Personen,
wobei die größeren Appartements auch für Paare
gedacht sind", sagt Gerardy. Am heutigen Freitag soll die
Wohnanlage offiziell eingeweiht werden. Extra Betreutes Wohnen:
Die Lebenshilfe Trier-Saarburg vermietet die Appartements in der
Abtei St. Martin an Menschen mit geistiger Behinderung. "In
diesem Fall sind das Leute, die nicht auf eine
24-Stunden-Betreuung angewiesen sind und nur in bestimmten
Bereichen Hilfe brauchen", erläutert
Lebenshilfe-Geschäftsführer Alfred Gerardy. Für die
Grundbetreuung der Bewohner sorgt ein Sozialarbeiter, der etwa die
benötigte Hilfe koordiniert. Lothar Rommelfanger, der als
Sozialarbeiter für das Haus in Ockfen zuständig ist,
erklärt: "Zunächst erstellen wir einen sogenannten
Teilhabeplan, aus dem hervorgeht, wo und in welchem Umfang der
Betreffende Hilfe braucht. Das können bestimmte
Haushaltsarbeiten sein, aber auch Einkaufsfahrten oder
Behördengängen." Aus Mitteln des "persönlichen
Budgets" (Geldleistung, die der örtliche
Sozialhilfeträger an jeden Behinderten zahlt) werde dann die
Hilfeleistung "eingekauft", etwa bei der 2003
gegründeten Dienstleistungsgesellschaft der Lebenshilfe.
Alfred Gerardy: "Auf diese Weise kann ein kostspieliger
Heimaufenthalt verhindert werden, was dann sinnvoll ist, wenn die
Leute aufgrund ihrer Fähigkeiten eigentlich nicht dort
hingehören." Insgesamt 46 Menschen mit geistiger
Behinderung hat die Lebenshilfe Trier-Saarburg in betreuten
Wohngruppen untergebracht, darunter in Ockfen, Saarburg, Konz und
Longuich. (hpü)
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