71 Grad nördlicher Breite und 25 Grad östlicher
Länge: Das Nordkap war das Ziel, als Roland Holbach am 8.
Mai in Ockfen sein Fahrrad bestieg, um Richtung Norden zu
radeln. 3560 Kilometer über Luxemburg, Deutschland,
Dänemark, Schweden und Finnland, um sich stolz unter der
stilisierten Weltkugel fotografieren zu lassen.
Der 65-jährige frühere Bankkaufmann ist im
Ruhestand, hatte also Zeit. „Ich war schon immer sportlich“,
sagt er dem TV. In jungen Jahren ein Fußballer, habe er
später das Laufen für sich entdeckt, auch bis zur
Marathon-Distanz. Dann seien mit dem Alter die Wehwehchen
gekommen und der Drahtesel mehr ins Blickfeld gerückt. Ob
auf Laufschuhen oder mit dem Pedal, einen Effekt schätzt
Holbach sehr: die Entspannung durch diese Anstrengung, den
Flow, ja sogar regelrecht meditative Phasen. „Als
Karnevalist bin ich dabei auf die besten Ideen gekommen“,
nennt der Sportler eine Nebenwirkung, von der schon viele
bei seinen Auftritten bei Kappensitzungen etwas hatten. Und
gesund ist es auch noch.
Die bislang längste Tour am Stück führte ihn,
parallel zum Hospizlauf des TV, zum Deutschen Eck nach
Koblenz und zurück in die Trierer Ostallee: 408 Kilometer.
Deutschland von Nord nach Süd hat er schon unter die Räder
genommen und auch schon mehrfach die Alpen überquert. Was
bleibt da noch als Herausforderung? Als Freund der
skandinavischen Länder, über die der Radler schon viele
faszinierende Reiseberichte gelesen hat, kam da nur ein Ziel
in Frage: das Nordkap. Dafür sollte man allerdings schon gut
trainiert sein. Im Falle von Roland Holbach heißt das: acht-
bis zehntausend Kilometer im Jahr im Sattel zu sitzen.
Mit Gepäck und Zelt ausgestattet wollte er
eigentlich mit einem Freund starten. „Der hat leider aus
gesundheitlichen Gründen abgesagt“, bedauert er. Doch das
erste Stück bis zur Insel Fehmarn fuhren Gattin Jutta und
zwei Freunde mit. Dann ging es alleine Richtung Schweden
weiter. Per Smartphone ließ der Radsportler einen kleinen
Kreis von Freunden an seinem Abenteuer teilhaben.
Pro Tag bewältigte Holbach rund 100
Kilometer, nachts schlief er auf Campingplätzen – im Zelt
oder in Hütten. Das Gefühl, dass es nach Norden geht, kam
mit der fallenden Temperatur: „Ich war im Frühsommer
losgeradelt und je weiter ich kam, umso häufiger gab es
nachts Frost.“ Es wurde immer „frischer“. Zweimal hatte
Holbach eine Panne am Rad. Aber Schweden sei gut mit
Radwerkstätten ausgestattet, berichtet er.
„Dem Eindruck der Weite dieser Landschaft,
aber auch über viele Stunden Einsamkeit, kann man sich nicht
entziehen“, erinnert sich der 65-Jährige. Auf dem Fahrrad
sei das viel intensiver, als einfach mit dem Auto dorthin zu
fahren. Es entstanden beeindruckende Fotos, auch von Elchen
und Rentieren in freier Wildbahn. „Nur vor der Begegnung mit
einem frei lebenden Braunbär hatte ich ehrlich gesagt ein
wenig Bammel“, gibt er zu. Aber dazu kam es nicht.
Das Gefühl, am Ziel zu sein, unter dieser
Kugel zu stehen, die das Nordkap markiert, sei einfach
unbeschreiblich, denn: „Danach kommen nur noch das Nordmeer
und der Nordpol.“ Als Tourist auf dem Fahrrad sei man dort
allerdings alleine. Viele hätten sich dieses Ziel gesteckt,
kämen aber meist vom Kreuzfahrtschiff und würden per Bus
herangekarrt.
Vom Nordkap reiste Holbach zu einem weiteren
wilden Naturziel: zur Inselgruppe der Lofoten in Norwegen.
Von dort ging es schließlich mit vielen Fähren und Zügen
wieder nach Hause. 43 Tage nach dem Start war Roland Holbach
wieder in Ockfen – glücklich, sich diesen Wunsch erfüllt zu
haben und mit vielen Eindrücken, die ihm niemand mehr nehmen
kann.
Roland Holbach aus Ockfen: Als Tourist
auf dem Fahrrad ist man am Nordkap alleine
Mit dem Rad ans Nordkap: Seine Ehefrau
und Freunde begleiteten Roland Holbach aus Ockfen bis
Fehmarn
|